Rede vom 22. Februar unseres Fraktionsvorsitzenden Simon Weißenfels

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Kersting,
liebe Stadtkämmerin Silke Schömbucher,
liebe Kollegen, meine Damen und Herren,

Vieles – nahezu alles – verlief 2020 anders als geplant. Dass das Haushaltsjahr 2021 für die Stadt Süßen schwieriger werden würde, war aber bereits abzusehen. Schon vor der Corona-Pandemie befand sich unsere Wirtschaft in einer kritischen Phase. Das negative Gesamtergebnis des Ergebnishaushalts kommt daher nicht völlig überraschend, vor allem mit Blick auf unsere Investitionen und deren Folgeausgaben.

Die Pandemie tat und tut ihr Übriges dazu. Großzügige Finanzspritzen von Bund und Land konnten den zusätzlichen Effekt ein wenig abmildern, auch wenn aus manch angekündigter Bazooka eher ein verzögertes Papierkügelchen wurde. Diese kurzfristigen Hilfen von oben sind allerdings nicht endlos und auch für 2021 nicht erneut zu erwarten und haben nur vordergründig mit Blick auf Notbetreuung, Gewerbesteuerausfälle etc. den Haushalt 2020 am Laufen gehalten. Das Schwierige in dieser Zeit ist die Unvorhersehbarkeit. Es ist deshalb klug, finanziell „auf Sicht“ zu fahren, die Frage ist nur: Fahren wir als Stadt Süßen aktuell auf Sicht?

Dies ist umso schwieriger zu beantworten, als uns leider die Jahresabschlüsse 2018 und 2019 noch nicht vorliegen, wir wünschen uns, dass dies zügig von der Kämmerei vorgenommen wird, damit hier endlich die Verzögerung abgearbeitet wird und wir auch bei Haushaltsberatungen nicht ganz im luftleeren Raum den finanziellen Ist-Zustand diskutieren. Dies betrifft im Übrigen auch die Haushaltsstrukturkommission. Wir fordern, dass diese endlich vollständig eingesetzt wird und regelmäßig tagt. Als CDU Fraktion würden gern endlich die aus unserer Sicht notwendigen Diskussionen zu Themen wie unseren kommunalen Freiwilligkeitsleistungen, der Ausstattung unserer Kindertageseinrichtungen auch am aktuellen Beispiel des Themas Sprachförderung, Gebühren, Kostendeckungen etc. haben - ohne Jahresabschlüsse und vor allem ohne Sitzungen der Kommission ist dies aber einfach so nicht möglich.

Zentrale Diskussionspunkte, welche, wie angesprochen durch Corona eigentlich nur verstärkt werden, sind die Themen Wirtschaft / Steuereinnahmen und die Abwägung des politischen Maß aus laufenden Kosten, Investitionen und einer ausgewogenen Einnahmenseite.

Sprechen wir zunächst über die Investitionen: 2021 stehen Projekte an wie der Beginn der Ortskernsanierung, Straßenbau im Bereich Rabenwiesen V, das Abschlusspaket zum Kinderhaus in den Rabenwiesen, der Erwerb des Gebäudes des Kiga Auenstraße. Der dickste investive Brocken ist hierbei der Schulcampus: Erinnern wir uns hierbei an die Historie: Gestartet sind wir mit einem von der Verwaltung vorgeschlagenen Zwischenbau, welcher dann richtigerweise durch eine ganzheitliche Schulentwicklung abgelöst wurde.

Erinnern wir uns aber auch: Eingestiegen sind wir dann in das Verfahren mit einer Gesamtsumme von 13 Millionen Euro, hin zum Kostenrahmen im Vergabeverfahren von 16 Millionen Euro bis es nun neulich rund 21 Millionen Euro waren. Acht Millionen Zuwachs in einem Jahr ohne dass ein einziger Stein gebaut wurde.

Hinzu schwebt das Thema Sanierung des Hallenbad als Damoklesschwert über der Finanzlage aufgrund der aktuell festgestellten Schäden, welche noch gar nicht im Haushalt sind. Wir bekennen uns als Fraktion zum Hallenbad und dessen Sanierung, glauben aber auch dass dann neben den Beratungen über weitere Umsetzungsschritte dann wohl auch ein Nachtragshaushalt notwendig sein wird.

Hinzu kommt neben diesen genannten investiven Maßnahmen natürlich auch das Thema laufende Kosten, speziell im Personal.

Seit Beginn der Corona-Pandemie ist man ja zusehends mit Kurven beschäftigt, die Entwicklung der städtischen Personalaufwendungen ist zwar noch nicht im exponentiellen Wachstum, trotzdem muss man feststellen dass wir vor 8 Jahren weniger als die Hälfte der Personalkosten von heute haben. Zum Vergleich: in dieser Zeit ist Süßen nur um 500 Bürger gewachsen. Und man stellt ja fest: die Begehrlichkeiten steigen - schafft man erstmal Stellen- und Stellenanteile, so glaub ja niemand mehr, dass diese wieder eingespart werden.

Ein Beispiel sind ja auch die im Schulbeirat diskutierten und von der Verwaltung dargestellten Anforderungen im Bereich der IT. Neue Einrichtungen und bauliche Investitionen erzeugen eben immer auch noch mehr Stellen, denken wir eben nur an die Kulturhalle hier, die Kinderhäuser etc.

Was uns aber schon überrascht sind die weiteren Begehrlichkeiten: Die Ausweitung des Vollzugsdienstes auf 1,5 Stellen haben wir letztes Jahr vereinbart, wir sind einverstanden - großzügig wird auch der IT-Umfang angelegt auf mehr als 2 NEUE Stellen, gleichzeitig haben wir aber im Bauamt scheinbar keine Kapazitäten um Themen wie die Innenstadtentwicklung am TSV Platz voranzutreiben um städtische Flächen zu beplanen und dann auch Einnahmen durch Verkäufe zu erzielen?

Und statt hier aufzustocken gibt es dann noch Wünsche die erst kürzlich angelegte Stelle für Natur- und Umweltschutz auszuweiten - aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar. Wäre im Übrigen auch mal ein Thema für die Haushaltskommission!

Und es ist eben bei solchen Personal- und Stellenansetzungen, welche meist immer recht großzügig angesetzt sind, nicht vertrauensbildend, wenn Stellenpläne erst auf Nachfrage und über eine Woche nach Einbringung der Vorlage dem Gemeinderat zur Verfügung gestellt werden. Auf der einen Seite plant man Umstrukturierungen und Stellenausweitungen, andererseits haben die Fraktionen bis zum Antragsschluss exakt 3 Tage Zeit um den Stellenplan durchzuschauen. Gerade mit Blick auf diesen steigenden Anteil am Haushalt aus unserer Sicht ein sehr kritisches Vorgehen!

Nach vielen Worten über Ausgaben, nun zu den Einnahmen. Wir haben die Halbierung der von der Verwaltung für dieses Jahr angestrebten Steuererhöhungen beantragt. Beim Thema Grundsteuer halten wir zum einen einen einheitlichen Satz für sinnvoll, zudem sehen wir die hohen städtischen Aufwendungen in der Infrastruktur für die Grundbesitzer und Einwohner als Rechtfertigung für eine ausgewogene Erhöhung, denken aber auch, dass durch die 2025 anstehende Grundsteuerreform weitere Belastungen von oben kommen werden.

Das Thema Gewerbesteuer ist ein komplexeres Thema: Wir wissen selbst, wie steuerschwach und unterdurchschnittlich Süßen in diesem Bereich ist. Gerade in der Krise wäre es eigentlich die wirtschaftspolitisch richtigere Entscheidung, sogar über Steuererleichterungen nachzudenken.
Die Verwaltung hat richtigerweise das Thema Ausschöpfung der Maßnahmen in Richtung des Ausgleichsstocks auf Hebesatz 370 angesprochen, dies scheint wohl die unter Kompromisslinie zu sein, ist für uns aber auch gleichzeitig das denkbare Maximum.

Süßen wird in diesem Jahr 950 Jahre alt - wie, ob und in welcher Form wir das Feiern können ist aktuell noch nicht absehbar. Im 950. Jahr können wir aber sagen: Süßen ist sicher so attraktiv wie selten bei den weichen Standortfaktoren: Schule / Bildung / Nahversorgung und der Haushalt 2021 setzt weitere Investitionen im Bereich Innenstadtattraktivierung etc.

Wie wird Süßen aber in 50 Jahren da stehen beim 1000. Geburtstag und was haben wir in den letzten 50 Jahren vielleicht richtiger gemacht als andere Nachbarorte um heute so gut dazustehen?

Und da beobachtet man heute schon, dass Süßen vor allem wegen der Entwicklung der Infrastruktur (B10 / B466 / Anbindung Auen Bühlstraße) so attraktiv da steht.

Man beobachtet aber auch, dass diejenigen Kräfte in der Stadt und vor allem auch hier im Gremium, welche auch die B10 / B466 / die Fachmärkte in der Bühlstraße und die Querspange in die Auen bekämpft haben und verhindern wollten, nun auch die Gewerbeentwicklung der IKGs verhindern wollen. Und dies stets und verlässlich angeführt vom grünen Fraktionsvorsitzenden. Ein Schelm, wer Böses denkt, könnte sagen: Wären diese Kräfte dauerhaft in den letzten 950 Jahren Stadtgeschichte verantwortlich gewesen, dann hätten diese wohl auch versucht die Verlegung von Eisenbahnschienen und Stromleitungen nach Süßen zu verhindern.

Denn niemand zieht doch wohl in Zweifel, wie es in Süßen ohne all diese Maßnahmen aussehen würde, was könnten wir denn in Süßen denn noch aus öffentlicher Hand finanzieren ohne Einkommenssteuer / Kaufkraftzuwachs und genau diesen Zuwachs an Erreichbarkeit, entlastender und attraktiver Infrastruktur?

Und ja: Süßen wird sich entscheiden müssen: Die NWZ hat neulich über das Mantra in diesem Gremium von guten und schlechten Flächenausweisungen gesprochen. Gut: Wohnbauentwicklung beispielsweise in den Rabenwiesen - Böse: Gewerbeflächenentwicklung.

Daraus wird sich die Frage ableiten: Werden wir zur Schlafstadt oder schaffen wir es unser Gewerbe/ Arbeitsplätze am Ort oder vermehrt im Ort zu halten - auch durch attraktive und gut angebundene Gewerbeflächen?

Jetzt wird sicher wieder das Gegenargument kommen: Wer wird denn in der Krise investieren etc., Innenentwicklung vor Außenentwicklung? Darüber könnte man jetzt viel politisch diskutieren, ich möchte es daher mit der Expertise eine prominenten Süßener Unternehmerin beantworten, nämlich der neuen IHK-Präsidentin Edith Strassacker:

Sie sagt: Zitat "Man sollte schauen, wie man Natur, Wirtschaft und Wohlstand unter einen Hut bekommt. Die aktuellen Gewerbegebiete sind eine große Chance für den Landkreis, auch für künftige Generationen. Wer hier keine Flächen findet, sucht außerhalb. Wer sich jetzt gegen ein Gewerbegebiet entscheidet, muss sich auch über die Konsequenzen im Klaren sein. Wir brauchen eben auch produzierendes Gewerbe, nicht alle können im Homeoffice arbeiten, nicht alle brauchen nur ein Büro wie Ingenieure und Starts-Ups oder die IT-Branche. Arbeitsplätze, die durch den Strukturwandel wegfallen, müssen an andere Stelle in der Produktion entstehen, sonst kann die Beschäftigung im Landkreis gesichert werden." Zitat Ende

Liebe Kollegen,

wir als CDU-Fraktion sind der Überzeugung, dass Süßen im 950. Jahr nicht nur emotional sondern auch strukturell vor einer wichtigen Weichenstellung steht. Manche mag es nicht interessieren, wie Süßen an seinem 1000. Geburtstag da steht, meine Generation und als CDU Fraktion aber schon!

Wir fragen uns auch immer mehr: wer soll diese ganze soziale Infrastruktur, die notwendigen und weniger notwendigen Maßnahmen, Einrichtungen und Begehrlichkeiten, ja ich würde ich sagen sogar eine gewissen Voll-Kasko Mentalität finanzieren?

Wir schlagen daher neben einem Bekenntnis zu den angesprochenen Themen endlich den Einstieg in die Planungen am alten TSV-Areal dieses Jahr vor. Schön, dass die SPD im Vorfeld hierzu medial diese Intiative von uns aufgegriffen und sogar teilweise als die eigene verkauft hat, wir hoffen dass sie dann auch unserem Antrag unterstützen, wir hatten ihn ja schon vor 2 Jahren gestellt.

Auch entlang des mittlerweile zu groß gewordenen Friedhofs in den Stiegelwiesen bieten sich aus unserer Sicht Chancen der innerstädtischen Entwicklung, hier freuen wir uns ebenfalls auf Unterstützung.

Verkäufe von Grundstücken sind trotzdem einmaliger Einnahmen, die hohe und auch trotz Corona ungebrochene Nachfrage sehen wir in den Rabenwiesen - ja und Gott sei dank sind in Süßen ja die Einfamilienhäuser nicht verboten.

Entwicklung von Gewerbe, Wirtschaft und Arbeitsplätzen sind aber die längfristigsten Investitionen und vor der Entwicklung weitere Wohnbebauung werden eben einige für sich beantworten müssen, wieso man dort oben die Beplanung eines wirklichen Naherholungsgebietes für Wohnbau als gut ansieht, während die Beplanung von Wiesen zwischen zwei Straßen böse ist.

Zum Abschluss möchten wir allen Mitarbeitern der Stadt danken, welche 2020 und in der Pandemie sicher vor großen Herausforderungen standen. Süßen, wir als Kommunen, haben uns in der Krise solidarisch gezeigt, mit Schnelltest-Aktionen, Entlastung der Familien und unserem eigenen Personal. Das 950. Jahr unserer Stadt wird sicher eines der spannendsten Jahre unserer Stadt und wir hoffen auf mehr Normalität im Jubiläumsjahr!
Vielen Dank!

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